Luisa Neubauer, geboren 1996 in Hamburg, ist eine der Mitorganisator:innen von Fridays for Future und in den Medien die prominenteste Vertreterin der deutschen Bewegung. 2018 lernte sie bei der UN-Klimakonferenz die schwedische Schülerin Greta Thunberg kennen und startete zusammen mit anderen Aktivist:innen die Bewegung in Deutschland. Seitdem traf Luisa Neubauer diverse Staats- und Regie-rungschefs, und nahm an der Weltklimakonferenz in Madrid und dem Weltwirt-schaftsforum in Davos teil.
Wenn wir ehrlich sind, haben wir den Kampf längst verloren: Wir werden den Klimawandel nicht mehr aufhalten und mit drastischen Umbrüchen leben müssen. Gert Scobel diskutiert mit Gästen.
Hitze, Dürre, Stürme und Fluten – das Wetter scheint weltweit wild geworden zu sein. Was sind die Ursachen? Nur wissenschaftliche Fakten geben das Rüstzeug für ein verantwortungsvolles Handeln in der Zukunft.
19.11.2021
Neue Prognosen zeigen auf, wie sich der Klimawandel auf Graubünden auswirken dürfte. Ein ökologisches «Weiter so» hätte für den Kanton drastische Folgen.
19.11.2021. Nach jeder der jährlichen Vertragsparteienkonferenzen (kurz COP) des UNO-Rahmenabkommens zum Klimawandel (UNFCCC) gibt es die pessimistischen und die optimistischen Einschätzungen dessen, was die Konferenz gebracht hat. Die Pessimist:innen sagen: Wir sind weit davon entfernt, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie es im Abkommen von Paris beschlossen wurde. Das bestreiten auch die Optimist:innen nicht, aber sie weisen darauf hin, dass doch Fortschritte gemacht worden seien und man vom Ziel nun ein bisschen weniger weit entfernt sei als zuvor.
Von Marcel Hänggi
So ist es auch dieses Jahr nach der COP26 in Glasgow. Mit den Emissions-Reduktionen, welche die Staaten bis vor der Konferenz vereinbart hatten, war die Welt unterwegs in Richtung 2,7 Grad Erderwärmung; nach der Konferenz sind es noch 2,4 Grad (falls die Zusagen eingehalten werden). 2,4 Grad: Das wäre eine etwas weniger grosse Katastrophe als 2,7 Grad. Aber es wäre immer noch eine sehr grosse Katastrophe.
Das Glas ist ziemlich leer
Ist es also eine blosse Frage der Perspektive, ob das Glas nun halb voll oder halb leer sei? Leider nicht: Das Glas ist ziemlich leer. Hier die wichtigsten Fortschritte, die in Glasgow erzielt wurden:
Die Fortschritte sind keine
Aber sind das Fortschritte? Nein. Denn sie bleiben hinter dem zurück, was früher bereits beschlossen wurde.
Schöne Worte – auch aus der Schweiz
Beschlossene Sache war auch, dass die so genannten «entwickelten» Staaten ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar bereitstellen, um die «Entwicklungsländer» in ihren Bemühungen zu unterstützen, ihre Emissionen zu senken und sich anzupassen. Dieser – unzureichende – Beitrag wird aber frühestens 2024 bereitstehen. Die «Entwicklungsländer» fordern zudem, dass sich die reichen Staaten auch an den hauptsächlich von ihnen verursachten Verlusten und Schäden beteiligen sollen. Die reichen Staaten haben dazu auch in Glasgow nicht Hand geboten. Aus Sicht der globalen Klimagerechtigkeit ist die COP26 ein totales Fiasko.
Aber gewiss: Es gab viele schöne Worte. Die Schweiz machte hier eifrig mit. Bundespräsident Guy Parmelin wies in seiner Rede darauf hin, dass die aktuellen Bemühungen bei Weitem nicht ausreichend seien, um die Erwärmung des Weltklimas auf einen Zuwachs von maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Damit lag er vollkommen richtig – nur ist die Schweiz selber weit davon entfernt, ihren Beitrag zum, 1,5-Grad-Ziel zu leisten; ja, sie wäre auch weit davon entfernt, wäre das CO2-Gesetz im Juni angenommen worden.
Aussteigen, nicht reduzieren!
Am letzten Konferenztag setzte sich Bundesrätin Simonetta Sommaruga gegen die Abschwächung des Beschlusses ein: «Wir müssen aus der Kohle aussteigen und sie nicht nur reduzieren». Auch das ist richtig, doch ironischerweise hat der Bundesrat mit seinem Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative genau das getan, was Indien mit dem Glasgower Text getan hat. Der Initiativtext fordert den Ausstieg aus der Nutzung der fossilen Energie; der Bundesrat möchte sie lediglich «reduzieren, soweit es wirtschaftlich tragbar ist.»
Konferenzpräsident Alok Sharma sagte zum Abschluss der COP26: «Wir können nun glaubhaft sagen, dass wir das 1,5-Grad-Ziel am Leben erhalten haben, aber sein Puls ist schwach und es wird nur überleben, wenn wir unsere Versprechen halten und die Verpflichtungen in rasches Handeln umsetzen.»
Nächste Chance: Ägypten
Die Schweiz tut dem Patienten nicht gut. Ihre Versprechen sind unzureichend, sagt die Analyse des Climate Action Tracker: Die Schweiz fährt einen 3-Grad-Kurs. Und Ihre bisherigen Versprechen hält sie nicht ein: Das Reduktionsziel für 2020 hat sie deutlich verfehlt. Die COP26-Erklärung zur Beschleunigung des Übergangs zu 100% emissionsfreien Autos hat die Schweiz nicht unterzeichnet.
Die Staaten haben in Glasgow beschlossen, dass die Reduktionsziele bei der nächsten COP in Ägypten nochmals revidiert werden sollen. Bis dahin muss auch die Schweiz ihr ungenügendes Ziel revidieren.